Freudenfeste – Pessach bzw. Ostern.
Herkunft
Fachlich-didaktische Einordnung
Die Unterrichtseinheit „Freudenfeste” ist im Rahmen des Projekts #beziehungsweise: jüdisch und christlich – näher als du denkst – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland entstanden. Mit den folgenden Stunden soll der jüdisch-christliche Dialog gefördert werden, zusätzlich sind die Stunden aber auch an das Kerncurriculum der Grundschule anschlussfähig. Dort heißt es, dass die Schüler*innen ihre Dialogkompetenz erweitern sollen, indem sie „sich mit religiösen […] Fragen auseinandersetzen, eigene Fragen, Überzeugungen und religiöse Erfahrungen mit anderen teilen, sich darüber austauschen, andere Perspektiven einnehmen, sich mit verschieden Religionen […] auseinandersetzen sowie Regeln für einen respektvollen Dialog mit anderen berücksichtigen“.1
Mit den „Freudenfesten“ werden darüber hinaus die inhaltsbezogenen Kompetenzen „die Schüler*innen beschreiben christliche Feste“ und „nehmen ausgewählte Festzeiten des Kirchenjahres […] wahr“2 sowie „die Schüler*innen vergleichen Merkmale der jüdischen […] mit der christlichen Glaubenspraxis“3 geschult.
Damit die Schüler*innen den entworfenen Stunden (inhaltlich) gut folgen können, ist es sinnvoll, wenn sie zuvor bereits die Mose-Erzählung, sowie die Passions- und Ostergeschichte kennengelernt haben. So können sie auf ihr Vorwissen zurückgreifen, sich inhaltlich besser in der Einheit zurechtfinden und bereits erworbene Kompetenzen festigen.
Im Verlauf der Unterrichtseinheit wird u.a. auf Realien aus dem Judentum zurückgegriffen. Diese können in den Medienstellen der Kirchen kostenfrei entliehen werden. Es bleibt aber zu beachten, dass die Schüler*innen den Umgang mit fremden (religiösen) Gegenständen häufig nicht kennen. Um ihnen mit einem angemessenen Respekt begegnen zu können, bietet es sich an, die Aufmerksamkeit der Schüler*innen gezielt auf die Gegenstände zu lenken: Dazu überlegen die Schüler*innen sich vor der Präsentation (ggf. in Kleingruppen) Gesten, die die Realien ankündigen. Die Schüler*innen entwickeln also Bewegungen zu „Achtung! Jetzt kommt etwas Neues!“, „Seid gespannt!“, „Geht respektvoll / vorsichtig damit um!“ Die Bewegungen präsentieren sie sich gegenseitig, bevor die Lehrkraft die Realien „enthüllt“. So fokussieren sich die Schüler*innen auf die Gegenstände und bereiten sich selbstständig auf einen angemessenen Umgang mit diesen vor.
Das Pessachfest gehört zu den wichtigsten Festen des Judentums. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei.
Das Pessachfest wird sieben Tage lang gefeiert und ist ein Familienfest mit verschiedenen Riten. Pessach wird mit dem Sederabend eingeleitet und wird aufgrund des Verzehres der Mazzen auch Fest der ungesäuerten Brote genannt. Während des Festes darf nämlich gemäß des Gebotes Gottes nichts Gesäuertes verzehrt werden, was daran erinnern soll, dass die Israeliten so rasch aus Ägypten ausziehen mussten und zum Säuern der Brote für die Reise keine Zeit mehr blieb. In der Festvorbereitung werden daher sämtliche gesäuerten Nahrungsmittel verzehrt oder entsorgt. Das Haus wird gereinigt und die Mazzen werden (in weniger als 18 Minuten!) gebacken.
Nach dem Beginn der Pessachfeierlichkeiten in der Synagoge folgt der Seder (Ordnung) mit einem Segen und den symbolischen Speisen. Währenddessen werden biblische Texte gelesen und die Kinder der Familie stellen Fragen zu den Texten, die von den Älteren beantwortet werden. Nach dem Essen der symbolischen Speisen folgt dann das eigentliche Festmahl, zu dem Wein getrunken wird.
Pessach ist noch mehr als andere jüdische Feste ein Familienfest, mit dem die Angehörigen sich in die Tradition ihres Volkes stellen, an diese erinnern und sie neu bekräftigen. Die Erinnerung an die Erfahrungen ihres Volkes soll die Identität und den Zusammenhalt von Jüd*innen, auch in aller Zerstreuung und Verfolgung, bewahren.4
Erste Stunde
Um der Unterrichtseinheit Transparenz zu geben, präsentiert die Lehrkraft die Wortkarten „Ostern“ und „Pessach“. Die Schüler*innen äußern sich zunächst zu beiden Wörtern spontan und aktiveren so ihr eventuelles Vorwissen, bevor die Lehrkraft erläutert, dass beide religiöse Feste beschreiben, über die die Schüler*innen in den kommenden Stunde mehr erfahren werden.
Dann präsentiert die Lehrkraft den Schüler*innen den Liedtext von „Lass mein Volk jetzt frei!“ von Michael Landgraf und Reinhard Horn (M 1 und www.youtube.com/watch?v=xcLpXUDSzXY). Die Schüler*innen rufen sich die Mose-Geschichte mit Hilfe des Liedtextes wieder ins Gedächtnis: Dazu entwickeln sie zu den jeweiligen Strophen in arbeitsteiligen Gruppen Bewegungen. Zuvor überlegt sich allerdings die gesamte Gruppe gemeinsame Bewegungen und ggf. einfache Tanzschritte (z. B. drei Schritte und ein Tab nach Links, dann nach rechts; drei Schritte und ein Tab in die Kreismitte und zurück o.ä.) für den Refrain und die Zeile: „Lass mein Volk jetzt frei”. Nach der Gruppenarbeitsphase wird das Lied gemeinsam dargestellt; dazu präsentieren die Gruppen ihre Ergebnisse nacheinander (passend zur Musik). In einem abschließenden Unterrichtsgespräch werden die Gefühle der Israeliten thematisiert. Dazu wiederholen die Schüler*innen Szenen der Geschichte des Volkes Israels (Mose im Korb, Mose am Dornbusch, Sklaverei, Plagen, Flucht aus Ägypten) und wählen jeweils passende Emojis aus (M 2), die die Gefühlsveränderungen visualisieren.
Zweite Stunde
Zu Beginn der Stunde werden die ausgewählten Emojis erneut betrachtet. Die Schüler*innen wiederholen die Gefühle der Israeliten. Angst und Bedrängnis haben sich in Freude und Freiheit gewandelt. Und genau das wird mit dem Pessachfest gefeiert: Jüd*innen weltweit feiern die Flucht aus Ägypten.
Wie genau diese Feier aussieht, das recherchieren die Schüler*innen nun unter www.religionen-entdecken.de5 in Partner-/Kleingruppenarbeit und mit Hilfe von M 3.
Dritte Stunde
Um M 3 gemeinsam auszuwerten, versammelt sich die Lerngruppe und bespricht die Fragen/Antworten. Ein von der Lehrkraft mitgebrachter Sederteller wird dabei nach und nach gefüllt (alternativ kann an dieser Stelle auch mit Bildkarten gearbeitet werden). Die Schüler*innen probieren6 dabei die unterschiedlichen Speisen und erläutern deren Bedeutungen für die Pessachfeierlichkeiten (M 4).
Vierte Stunde7
Diese Stunde beginnt mit der Betrachtung von zwei freudig aussehenden Egli-Figuren (alternativ können auch Playmobil- oder andere Figuren genutzt werden) (M 5). Die Schüler*innen werden gebeten, die Figuren zunächst zu beschreiben, dann ihre Gefühle und Gedanken zu verbalisieren, anschließend erzählt die Lehrkraft ihnen die Emmaus-Geschichte (M 6).
Im Unterrichtsgespräch arbeiten die Schüler*innen heraus, dass die freudigen Menschen die Emmausjünger sind. Wieder ordnen die Schüler*innen den Szenen der Geschichte Emojis (M 2) zu. Dadurch erkennen sie, dass die Freude der Jünger über die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus genauso groß ist wie die Freude der Israeliten über ihre Flucht aus Ägypten. Der Grund für ein weiteres Freudenfest: Ostern.
In einem gemeinsamen Unterrichtsgespräch sammeln die Schüler*innen mit der Lehrkraft Osterfestbräuche / Gegenstände; die Lehrkraft visualisiert die Ideen auf Wortkarten. Wieder recherchieren die Schüler*innen in Partner*innen- / Kleingruppen die Bedeutungen dieser Bräuche / Gegenstände ggf. arbeitsteilig, z. B. unter religionen-entdecken.de „Osterspeisen“.
Fünfte Stunde
Zur Auswertung der Recherchen präsentiert die Lehrkraft den Schüler*innen Memorykarten mit Bildern der Oster- und Pessachbräuche/Gegenstände sowie Blanko-Memorykarten (M 7). Aufgabe der Schüler*innen soll es sein, ein Pessach-Oster-Memoryspiel für eine Parallelklasse zu entwickeln, die über die beiden Feste noch nichts weiß. Exemplarisch wird eine Memorykarte gemeinsam erstellt, dann finden sich die Schüler*innen erneut in Kleingruppen zusammen, um ihr Memory zu entwickeln. Zur Sicherung/Korrektur/Festigung tauschen die Kleingruppen nach Abschluss ihrer Arbeit ihre Spiele, spielen diese und bewerten ihre Richtigkeit.
Anmerkungen
- Niedersächsisches Kultusministerium (Hg.): Kerncurriculum Evangelische Religion für die Grundschule, Hannover 2020, 15.
- A.a.O., 24.
- A.a.O., 26.
- Vgl. Karl William Weyde: Passa, AT. WiBiLex. www.bibelwissenschaft.de/stichwort/30031 sowie Wikipedia: Pessach (letzter Zugriff jeweils am 11.11.2020).
- Über die sinnliche Erfahrung kann ein Gespräch initiiert werden. Die Lehrkraft sollte darauf achten, dass auch den Schüler*innen deutlich wird, dass sie kein Ritual nachahmen, sondern die Speisen schmecken.
- In dieser Stunde wird mit der relativ kindgerechten Emmausgeschichte gearbeitet, die hier exemplarisch für die Osterfreude rund um die Auferstehung Jesu steht.
Siehe dazu auch folgendes Material:
2021/1 Loccumer Pelikan: Jüdisches Leben in Deutschland
Religionspädagogisches Magazin für Schule und Gemeinde
des Religionspädagogischen Instituts Loccum